Debian GNU/Linux wird in verschiedenen Veröffentlichungen angeboten, die jeweils als „Releases“ bezeichnet werden. Eine solche Veröffentlichung kann wie folgt referenziert werden:
Welche Veröffentlichung Sie auf ihrem System verwenden, entnehmen Sie
der Datei /etc/debian_version
wie folgt:
Die genutzte Debian-Version anzeigen.
$ cat /etc/debian_version 9.6 $
Ausführlichere Informationen erhalten Sie mit Hilfe des Kommandos
lsb_release -a
(Langform --all
) aus dem Debianpaket lsb-release
[Debian-Paket-lsb-release]:
Ausführliche Informationen zur genutzen Debian-Version mit Hilfe von lsb_release
anzeigen.
$ lsb_release -a No LSB modules are available. Distributor ID: Debian Description: Debian GNU/Linux 9.6 (stretch) Release: 9.6 Codename: stretch $
Alternativen dazu sind bspw. linuxinfo
, inxi
und sosreport
aus den
gleichnamigen Paketen. Mögen Sie es bunt, ist neofetch
[Debian-Paket-neofetch] vielleicht das richtige Werkzeug für Sie.
Jedes aktuelle Debian-Paket gehört zu mindestens einem der nachfolgend beschriebenen Entwicklungsstände:
Darüberhinaus existiert der Paketbereich backports. Das beinhaltet Rückportierungen neuerer oder aktualisierter Pakete aus dem Entwicklungszweig testing nach stable, teilweise auch aus unstable. Das ist spannend, aber auch mit gewissen Risiken verbunden. Im Detail gehen wir darauf unter „Debian Backports“ in Kapitel 19, Backports ein.
Jede Veröffentlichung von Debian GNU/Linux hat einen Alias-Namen, der nach einer Figur aus Pixars Filmreihe Toy Story benannt ist. Bruce Perens — der Projektleiter für die Version 1.x — arbeitete zu dieser Zeit bei Pixar [Pixar] und legte das bis heute genutzte Namenschema fest. Für die bisherigen Veröffentlichungen von Debian standen die folgenden Figuren aus der Filmserie Pate:
Es stehen bereits ebenfalls die Namen von zwei zukünftigen Veröffentlichungen fest:
Mehr Details zu den einzelnen Veröffentlichungen finden sich in der Debian-Geschichte [Debian-History]. Die Figuren aus den verschiedenen Toy Story-Filmen und insbesondere deren Charakterzüge sind ausführlich im Disney Wiki [ToyStory] dokumentiert (siehe Abbildung 2.9, „Beschreibung der Filmserie Toy Story im Disney Wiki“).
Auch bei der Bezeichnung der Aktualisierungen zur stabilen
Veröffentlichung ergeben sich über die Jahre hinweg kleine Unterschiede.
Anfangs erfolgte die Kennzeichnung durch Anhängen des Buchstabens r
und der Nummer der Aktualisierung, z.B. 4.0r8
für die 8.
Aktualisierung von Debian 4.0 Etch. Seit Debian 5.0 Lenny wird
stattdessen ein Punkt verwendet, so z.B. 5.0.3
für die dritte
Aktualisierung.
Seit Debian 4.0 Etch bekamen stabile Veröffentlichungen immer eine
neue Nummer an erster Stelle. Seit Debian 7 Wheezy ist die Null an
zweiter Stelle verschwunden. Stattdessen wird die Nummer der
Aktualisierung genutzt, so z.B. 7.3
für die dritte Aktualisierung von
Debian 7 Wheezy.
Neben den o.g. Entwicklungsständen haben alle Veröffentlichungen auch noch Alias-Namen, die eine Veröffentlichung stets unverändert beibehält. Jede neue Veröffentlichung startet nach einer stabilen Veröffentlichung als testing, wird dann bei der nächsten stabilen Veröffentlichung zu stable, bei der übernächsten zum oldstable und danach zu oldoldstable.
Ist eine Veröffentlichung — sei es als oldstable oder als oldoldstable — am Ende ihrer Unterstützung angelangt, wird sie in das Debian-Archiv [Debian-Archive] übertragen. Dieses Archiv beinhaltet alle nicht mehr unterstützten Veröffentlichungen.
Eine weitere Ausnahme bildet die Veröffentlichung zu unstable. Sie besitzt stets den gleichen Alias-Namen Sid. In der Filmreihe Toy Story ist das passenderweise der Name des bösen Nachbarkinds, welches immer alle Spielzeuge kaputt macht. Sid ist auch gleichzeitig ein Akronym für still in development – zu deutsch „noch in Entwicklung“ –, was den Status der Veröffentlichung der zukünftigen Distribution sehr treffend umschreibt.
Experimental trägt – analog zu unstable – immer den Alias-Namen rc-buggy, was im Debian-Jargon eine Kurzform für „contains release-critcal bugs“ darstellt. Das lässt sich sinngemäß als „in dieser Form ungeeignet zur Aufnahme in eine Veröffentlichung“ übersetzen.
Sieht man von Uploads nach experimental ab, fängt das Leben einer neuen Version eines Debianpakets mit dem Hochladen nach unstable an. Das Paket wird automatisch in testing übernommen, sobald einige Bedingungen erfüllt sind:
Das Debian-Release-Team kann allerdings diese Bedingungen individuell übersteuern und kürzere oder längere Fristen für den Übergang in die testing-Veröffentlichung setzen.
Zu einem bestimmten Zeitpunkt im Entwicklungszyklus einer neuen stabilen Veröffentlichung friert das Release-Team die testing-Veröffentlichung ein – auch genannt Freeze (engl. für Einfrieren). Ab diesem Moment wandern keine Pakete mehr automatisch von unstable nach testing und das Debian-Release-Team muss jeden einzelnen, weiteren Übergang eines Pakets explizit abnicken. Je länger der Freeze andauert, desto schärfer werden die Bedingungen, unter denen das Debian-Release-Team einen Übergang nach testing akzeptiert. Im Normalfall werden nur noch Paketversionen akzeptiert, die ausschließlich Fehler korrigieren und keine neuen Features einführen. Daher wird für diesen Zustand auch der Begriff Feature Freeze verwendet.
Auf diese Weise wird versucht, sämtliche veröffentlichungskritischen Fehler in der testing-Veröffentlichung zu beheben. Sobald es dort keinen dieser Fehler mehr gibt, geschehen die folgenden Dinge:
Wenn eine Paketversion von unstable nach testing wandert oder aus testing das neue stable wird, werden allerdings nicht wirklich Pakete kopiert. Stattdessen werden vielmehr nur die Metadaten des betreffenden Pakets von einer Paketliste in eine andere umgetragen. Das Paket selbst liegt immer noch an gleicher Stelle und nur einmal im sogenannten Paketpool.
So kann es vorkommen, dass ein Paket, welches nur selten aktualisiert wird, in allen aktuellen Veröffentlichungen in der gleichen Version vorkommt und dafür auch nur einmal auf jedem Spiegel des Debian-APT-Archivs liegt. Welches Paket dann aus den verschiedenen Entwicklungsständen bei einer Installation ausgewählt wird, erfahren Sie unter „Aus welchem Repo kommen die Pakete“ (siehe Abschnitt 8.14, „Aus welchem Repo kommen die Pakete“) genauer.
Für unterstützte Veröffentlichungen, d.h. die aktuelle stabile Veröffentlichung ("stable release"), sowie mindestens ein Jahr nach einer Veröffentlichung für die vorherige stabile Veröffentlichung bietet Debian Sicherheitsaktualisierungen durch das Debian Security Teams [Debian-Security] an.
Im Frühjahr 2014 wurden zusätzlich sogenannte Long Term Support-Varianten [Debian-LTS] — auf Deutsch "Langzeitunterstützung" und kurz LTS — eingeführt. Diese verlängern den Zeitraum der weiteren Verfügbarkeit und Pflege einer Veröffentlichung von den typischerweise drei Jahren auf bis zu fünf Jahre.
In Folge wurde die im Jahr 2011 freigegebene und 2013 durch Debian 7 Wheezy abgelöste Veröffentlichung von Debian 6 Squeeze bis 2016 mit Aktualisierungen versorgt. Seither wurde jede weitere stabile Veröffentlichung nach ihrem offiziellen Lebensende ebenfalls als LTS mit Einschränkungen — z.B. nur noch die beliebtesten Architekturen — weitergeführt. Anfangs waren dies nur die beiden x86-basierten Architekturen i386 und amd64, momentan beinhaltet das zusätzlich auch noch alle drei ARM-basierten Architekturen (armel, armhf und arm64).
Debian LTS wird nicht wie die normalen Sicherheitsaktualisierungen vom Debian-Security-Team gehandhabt, sondern von einer Gruppe Freiwilliger wie auch Firmen, die daran interessiert sind, daß Debian LTS ein Erfolg wird — oft auch aus Eigenbedarf heraus. Dementsprechend übernimmt das Debian-LTS-Team das Bereitsstellen von Sicherheitsaktualisierungen vom Debian-Security-Team am Ende der normalen Unterstützungsdauer der Veröffentlichung.
Zur Nutzung von Debian LTS nach Ablauf des normalen Unterstützungszeitraumes muß an der Konfiguration des Systems nichts geändert werden. (Historisch galt diese Regel nicht für die allererste Debian Veröffentlichung mit LTS, Debian 6 Squeeze, welche eine Art Machbarkeitstest war. Aber da deren Langzeitunterstützung bereits abgelaufen ist, ist das heute von keiner Relevanz mehr.)
Da manchen Anwendern — vor allem aus dem professionellen Umfeld — auch die LTS-Varianten nicht lange genug Unterstützung anboten, gibt seit 2018 eine weitere Stufe der Verlängerung. Seit dem Auslaufen von LTS für Debian 7 Wheezy besteht das Projekt "Extended LTS", auf deutsch "Erweiterte Langzeitunterstützung" und kurz "ELTS", die die Unterstützung von Debian-Veröffentlichungen um weitere zwei Jahre auf ca. sieben Jahre verlängert. Im Gegensatz zu Debian LTS, welches immer noch ein Projekt unter dem Dach von Debian ist, ist Extended LTS ein kommerzielles Angebot, dessen Aktualisierungen jedoch trotzdem jeder nutzen kann.
Für welche Pakete es Aktualisierungen gibt, hängt jedoch davon ab, ob ein Paket jemandem wichtig genug ist, um sich am Arbeitsaufwand für dessen Sicherheitsaktualisierungen zu beteiligen. Interessieren sich mehrere Personen oder Organisationen für die Sicherheitsaktualisierungen desselben Paketes, so werden die Kosten entsprechend aufgeteilt. Die Koordination erfolgt über die französische Firma Freexian [Freexian].
Desweiteren gibt es im Vergleich zu LTS weitere Einschränkungen:
Die aktuellen Details zu den Einschränkungen als auch wie man Sponsor von Debian ELTS werden kann, ist auf der ELTS-Webseite von Freexian [Freexian-ELTS] erklärt.
Um die von der erweiterten Langzeitunterstützung bereitgestellten
Paketaktualisierungen nutzen zu können, müssen Sie im Gegensatz zu
Debian LTS zwei Dinge tun — 1.) ein weiteres APT-Repository zu Ihrer
/etc/apt/sources.list
(oder einer Datei im Verzeichnis
/etc/apt/sources.list.d/
) hinzufügen, und 2.) den PGP-Schlüssel des
Extended-LTS-Projektes importieren. Wie das erfolgt, ist im 'Debian
ELTS-HowTo [Debian-ELTS-HowTo] beschrieben. Im Folgenden dazu eine
kurze Zusammenfassung:
Der erste Schritt ist das Herunterladen des aktuellen Schlüsselrings des
Projektes als .deb
-Paket von
https://deb.freexian.com/extended-lts/pool/main/f/freexian-archive-keyring/
. Das Vertrauen liegt hierbei nur auf dem HTTPS-Zertifikat des Webservers.
Danach wird das heruntergeladene Paket mit Administrator-Rechten (d.h. als
root
oder z.B. mittels sudo
) über den Aufruf dpkg -i
freexian-archive-keyring*.deb
installiert. Nun wird das APT-Repository
durch das Hinzufügen der folgenden Zeile aktiviert:
sources.list
-Eintrag für Extended LTS.
# Generisch (passende Veröffentlichung und Archiv-Bereiche anpassen) deb http://deb.freexian.com/extended-lts veröffentlichung-lts sektionen # Beispiel für Debian 8 Jessie mit allen Archiv-Bereichen deb http://deb.freexian.com/extended-lts jessie-lts main contrib non-free # Beispiel für Debian 9 Stretch mit allen Archiv-Bereichen deb http://deb.freexian.com/extended-lts stretch-lts main contrib non-free
Abschließend ist noch apt update
oder ein Äquivalent aufzurufen, um
die ELTS-Paketlisten herunterzuladen. Sind bereits Aktualisierungen
verfügbar, so kann man diese direkt auch mit apt upgrade
oder ggf.
apt full-upgrade
einspielen.